Steuerliche Besonderheiten in der Bauwirtschaft
In der Bauwirtschaft gibt es einige steuerliche Besonderheiten zu beachten, die oftmals sogar für den Steuerexperten eine Herausforderung darstellen. Im Bereich der Umsatzsteuer wird bei Betriebsprüfungen oftmals der Zeitpunkt der Entstehung der Umsatzsteuerschuld genau unter die Lupe genommen. Wir geben Ihnen einen kurzen Überblick, worauf Sie in dieser Branche bei der Lieferung und/oder Leistung sowie bei der Abrechnung besonders achten sollten.
Generell entsteht bei der Lieferung von Bauwerken sowie bei der Erbringung von Bauleistungen die Umsatzsteuerschuld mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums in dem die Lieferung oder Leistung erbracht wurde (Sollbesteuerung). Werden hingegen das Entgelt oder Teile des Entgelts vor der Leistungserbringung vereinnahmt (Anzahlungen oder Vorauszahlungen), so entsteht die Steuerschuld mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, in dem das Entgelt vereinnahmt wurde (Istbesteuerung).
Die Lieferung von Bauwerken bzw die Erbringung von Bauleistungen gilt erst dann als erbracht, wenn das fertige Werk oder die fertige Leistung an den Auftraggeber übergeben oder von diesem abgenommen wird. Da Bauvorhaben meist über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden und zudem sehr umfassend sein können, werden häufig Zwischenabrechnungen vorgenommen. Dabei stellt sich in der Praxis die Frage, ob es sich im Einzelfall um eine abgegrenzte Teillieferung oder -leistung handelt, bei der die Steuerschuld nach Maßgabe der Leistungserbringung entsteht, oder um eine reine An- oder Vorauszahlung, bei der die Steuerschuld erst nach der Vereinnahmung entsteht. Gerade in letzter Zeit werden von der Finanz vermehrt Anzahlungen in Teillieferungen umqualifiziert und die verspätete Umsatzsteuerzahlung mit einem Säumniszuschlag bestraft.
Ein Teillieferungen/-leistungen iSd Umsatzsteuer muss folgende Merkmale erfüllen:
• Die abzurechnenden Teile der Werklieferung/-leistung müssen abgenommen worden sein. Die Teillieferung/-leistung muss aber vor Abnahme vereinbart worden sein.
• Die beauftragte Werklieferung/-leistung muss nach wirtschaftlichen Aspekten teilbar sein.
• Die Abrechnung des Teilentgelts muss gesondert und endgültig erfolgen. Es liegt eine Teilschlussrechnung vor.
Beispiel 1: Ein Bauunternehmer hat an einem zu errichtenden Wohnhaus mit 24 Wohnungen die Bäder und Küchen zu kacheln. Die Arbeiten in 18 Küchen und 19 Bädern wurden im Jahr 2014 vollendet. Sie werden im Dezember 2014 abgenommen und abgerechnet. Die Zahlung erfolgt im Jänner 2015. Es liegt eine „echte“ Teilleistung vor; die Umsatzsteuerschuld entsteht damit bereits mit Ablauf jenes Voranmeldungszeitraums, in dem die Teilleistung erbracht wurde (Dezember 2014).
Beispiel 2: Im selben Haus wird eine Zentralheizung eingebaut. Der Installateur rechnet ebenfalls im Dezember – wie mit dem Bauherrn vereinbart – 50 % des vereinbarten Entgelts ab. Die Zahlung erfolgt im Jänner 2015. Die Arbeiten am Heizungssystem werden im März fertiggestellt und vom Bauherrn abgenommen. Es liegt keine teilbare Leistung vor; bei der Abrechnung im Dezember handelt es sich daher um eine Anzahlungsrechnung. Die Umsatzsteuerschuld entsteht erst mit der Vereinnahmung des Entgelts (Jänner 2015).
Ist als Gesamtentgelt eine Pauschalsumme vereinbart, so ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass diese Werklieferung oder -leistung nicht teilbar ist.
Wird eine Anzahlung vereinbart, so steht dem Leistungsempfänger der Vorsteuerabzug nur zu, wenn eine ordnungsgemäße Anzahlungsrechnung mit gesondertem Steuerausweis ausgestellt wird. Sollte die vereinnahmte Anzahlung niedriger sein, als in der Rechnung angegeben wurde, so entsteht die Umsatzsteuerschuld nur vom tatsächlich vereinnahmten Entgelt. Ebenso steht der Vorsteuerabzug nur für diesen Betrag zu. Wichtig ist, dass die Rechnung explizit als „Anzahlungsrechnung“ bezeichnet wird, die zu erbringende Leistung und der vorgesehene Leistungszeitraum genau angegeben (oder zumindest vereinbart) werden und es sich nicht tatsächlich um eine echte Teillieferung oder -leistung handelt.
Eine Schlussrechnung wird dann gestellt, wenn das Bauwerk als geliefert bzw die Bauleistung als erbracht gilt. In der Schlussrechnung wird der gesamte Betrag des beauftragten Werkes angeführt und alle bereits vereinnahmten Teilentgelte und Umsatzsteuerbeträge in Abzug gebracht. Die Umsatzsteuer ist lediglich für den Restbetrag abzuführen.
Achtung: Unterbleibt in der Schlussrechnung die Absetzung der vereinnahmten Teilentgelte und der darauf entfallenden Steuerbeträge, schuldet der Unternehmer die gesamte Umsatzsteuer
auf Grund der Rechnung. Hingegen ist der vorsteuerabzug für den empfangenden Unternehmer aufgrund offensichtlicher Unrichtigkeit auf den restbetrag beschränkt!
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