Kommt es zu einem Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung (Pauschalierung) zur Regelbesteuerung oder umgekehrt, liegt ab dem Veranlagungsjahr 2014 eine Änderung der Verhältnisse iSd § 12 Abs. 10 und 11 UStG vor, die zu einer Vorsteuerberichtigung führen kann. Zu einem Wechsel der Besteuerungsart kann es z.B. durch eine Überschreitung der Umsatzgrenzen, durch die Ausübung der Option zur Regelbesteuerung oder im Zusammenhang mit Umsätzen aus der Pensionspferdehaltung oder der Vermietung eigener Reitpferde kommen.
Gegenstände des Anlagevermögens
Für Gegenstände des Anlagevermögens kommt ein Beobachtungszeitraum von 5 Jahren, bei Grundstücken von 20 Jahren zur Anwendung. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs hat jeweils für den Besteuerungszeitraum zu erfolgen, in dem sich die für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse geändert haben. Somit ist für jedes Jahr der Änderung
eine positive oder negative Fünftel- bzw. Zwanzigstelberichtigung vorzunehmen.
Übergangsregelung:
Eine Vorsteuerberichtigung im Zuge eines Wechsels der Besteuerungsart ist jedoch nur für jene Gegenstände des Anlagevermögens vorgeschrieben bzw. zulässig, die nach dem 31.12.2013 erstmals durch den Landwirt in seinem Betrieb als Anlagevermögen verwendet werden.
Beispiel: Der pauschalierte Landwirt L optiert mit Wirkung ab 1.1.2015 zur Regelbesteuerung. Im Herbst 2013 hat L ein landwirtschaftliches Kleingerät um € 10.000 zzgl. 20 % USt erworben und in Verwendung genommen. Im Frühjahr 2014 hat L einen Traktor angeschafft (Vorsteuer € 12.000) und sofort in Betrieb genommen. Mit Wirkung ab 1.1.2020 wechselt L wieder zur Pauschalbesteuerung.
Da L das Kleingerät in seinem Betrieb vor dem 1.1.2014 in Verwendung genommen hat, kann er dafür keine positive Vorsteuerberichtigung vornehmen. Der Traktor wurde hingegen erstmals im Jahr 2014 als Anlagevermögen verwendet. L kann daher in den Jahren 2015 bis einschließlich 2018 eine positive Vorsteuerberichtigung iHv jeweils € 2.400 (1/5 von € 12.000) vornehmen (sofern eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt). Da der Beobachtungszeitraum bereits abgelaufen ist, löst der neuerliche Wechsel zur Pauschalbesteuerung ab 1.1.2020 keine negative Vorsteuerberichtigung aus.
Bei der Einzelrechtsnachfolge (z.B. unentgeltliche Betriebsübergabe an einen nahen Angehörigen) wirkt die erstmalige Nutzung als Anlagevermögen durch den Betriebsübergeber nicht auf den Betriebsübernehmer weiter. Bei Gesamtrechtsnachfolge (z.B. Erbschaft) läuft der Vorsteuerberichtigungszeitraum beim Hofübernehmer jedoch weiter. ACHTUNG: Unterlagen aufbewahren!
Umlaufvermögen und sonstige Leistungen
Bei Gegenständen des Umlaufvermögens, in Bau befindlichen Anlagen, noch nicht in Verwendung genommenen Gegenständen des Anlagevermögens sowie sonstigen Leistungen ist keine jährliche, sondern eine sofortige vollständige Vorsteuerberichtigung vorgesehen. In diesem Bereich gibt es keine Übergangsregelung.
Beispiel: Der pauschalierte Landwirt L wechselt mit 1.1.2015 zur Regelbesteuerung. Zu diesem Stichtag sind folgende Vorräte vorhanden, die im Jahr 2014 erworben wurden: zugekaufte Düngemittel im Wert von € 500 zzgl. 20 % USt sowie 10 zugekaufte Mastferkel im Wert von insgesamt € 1.000 zzgl. 12 % USt.
L kann im ersten Voranmeldezeitraum des Jahres 2015 eine positive Vorsteuerberichtigung iHv insgesamt € 220 vornehmen. Im umgekehrten Fall (Regelbesteuerung bis einschließlich 2014 und Rückwechsel zur Pauschalierung mit 1.1.2015), müsste L eine negative Vorsteuerberichtigung in gleicher Höhe ansetzen.
Beispiel: Der pauschalierte Landwirt L beginnt im Herbst 2014 mit der Errichtung eines Wirtschaftsgebäudes, das erst im Frühjahr 2015 fertiggestellt und in Verwendung genommen wird. Er wechselt mit Wirkung ab 1.1.2015 zur Regelbesteuerung.
Da noch keine Nutzung als Anlagevermögen erfolgt ist, kommt keine Übergangsregelung zur Anwendung. L kann daher den aufgrund der Pauschalbesteuerung im Jahr 2014 nicht zulässigen Vorsteuerabzug im Veranlagungszeitraum 2015 im Wege einer positiven Vorsteuerberichtigung nachholen, wenn die allgemeinen Voraussetzungen gegeben sind.